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September 2015
13
SCIENCE
Emalie Hurkmans, PhD
Das Thema »wenig aussagekräftige Studien« beschäftigt
viele internationale ForscherInnen. Mit wenig aussage-
kräftigen Studien sind all jene Studien gemeint, bei
welchen die Wahrscheinlichkeit gering ist, einen Effekt,
der für die Praxis relevant ist, zu erzielen. Die Ursache
liegt bei einer zu geringen ProbandInnenzahl. Nun stellt
sich die Frage, wie viele ProbandInnen notwendig sind,
damit eine Studie eine statistische Aussagekraft er-
reichen kann. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht
einfach. In der Forschung wird oft eine Vielzahl von
statistischen Tests angewendet, um die geeignete
ProbandInnenzahl festzulegen.
Möglichkeit der Nullhypothese
Die statistische Aussagekraft, oder die Sensitivität eines
Versuchs ist die Wahrscheinlichkeit, einen Behandlungsef-
fekt zu entdecken, wenn dieser Effekt tatsächlich besteht.
Anders gesagt, die statistische Aussagekraft bietet den
ForscherInnen die Möglichkeit, die Nullhypothese zu ver-
werfen, wenn sie sich als falsch herausstellt. Forscher-
Innen beziehen sich bei der statistischen Aussagekraft auf
die Typ II Fehlerquote (Beta). Dabei liegt die Möglichkeit,
die Nullhypothese zu akzeptieren, die eigentlich
verworfen werden hätte sollen, bei 1 minus der Typ II
Fehlerquote (1-Beta). So hat zum Beispiel eine Studie mit
einer Typ II Fehlerquote von 0,20 eine statistische Aus-
sagekraft von 0,80 oder eine 80-prozentige Chance,
einen wirklichen Behandlungseffekt zu entdecken. Nur
drei Dinge haben einen Einfluss auf die statistische Aus-
sagekraft: (a) das Signifikanzniveau (Alpha), (b) die Effekt-
größe, und (c) die ProbandInnenzahl (n).
Von diesen drei Faktoren, kann nur die ProbandInnenzahl
von den ForscherInnen beeinflusst werden, da das Signi-
fikanzlevel normalerweise festgelegt ist (z.B. 0,05 oder
0,10). Die Effektgröße ist durch die Effektivität der
Behandlungsmethode gegeben. Zusätzlich ergibt sich
bei der Festlegung von zwei der drei zuvor genannten
Größen automatische die dritte. Daher ist es für Forsche-
rInnen sehr üblich, anhand des Signifikanzniveaus und der
Effektgröße die ProbandInnenzahl festzulegen, um eine
bestimmte statistische Aussagekraft zu erreichen. Diese
wird normalerweise vor dem Beginn der Studie festgelegt
und ist Teil der »A Priori Analyse«.
Festlegung der Effektgröße
Der erste Schritt bei der Einschätzung der ProbandInnen-
zahl durch eine »A Priori Analyse« beinhaltet die Fest-
legung der Effektgröße, die die ForscherInnen bei der
Studie erwarten. Wie zuvor erwähnt sind das Signifikanz-
niveau und die statistische Aussagekraft üblicherweise
festgelegt (z.B. bei 0,05 und 0,80). Daher ist die Effekt-
größe der einzige Faktor, der die ProbandInnenzahl be-
einflussen kann. Bei einer großen Effektgröße ist die be-
nötigte ProbandInnenzahl kleiner und vice versa. Es ist
naheliegend, dass die Wahl einer adäquaten Effektgröße
essentiell ist, da diese als Einzige Einfluss auf die Proban-
dInnenzahl hat.
übersetzt von Manuela Kundegraber, MSc,
Leiterin des fachlichen Netzwerks Mental Health
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