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physio

austria

inform

September 2016

Mit diesem mehr oder weniger vernichten-

den Zitat beschrieb Sven Reinecke, Direktor

am Institut für Marketing an der Universität

St. Gallen, den Stand des Marketing im

Gesundheitswesen, dem sogenannten

Healthcare-Marketing. Man muss ihm schon

zustimmen: Obwohl es in vielen Branchen

bereits ein wesentliches und geschätztes

Instrument war und ist, hatte Marketing im

Gesundheitswesen immer einen schweren

Stand.

Marketing im österreichischen

Gesundheitswesen

Reineckes Aussage stützte sich scheinbar

auf Erfahrungen aus anderen Ländern, da

es für Österreich selbst noch keine grund-

legende Studie gab – Zeit, das zu ändern!

Daher befragte ich für meine Masterarbeit

aktuelle GesundheitsdienstleisterInnen –

etwa aus den Bereichen der Physiotherapie,

Medizin oder Psychologie –, Studierende

der Gesundheitsberufe sowie PatientInnen

nach dem Stand des Marketing in öster-

reichischen Gesundheitsberufen. Auch

interessierten mich die Ansprüche, welche

an diese Disziplin gestellt werden. Die

Ergebnisse unter AnwenderInnen und

Studierenden entsprachen nicht den Er-

wartungen. Bei ihnen zeigte sich, dass

Marketing im Gesundheitsbereich durchaus

als wichtig eingeschätzt wurde und zahl-

reiche Maßnahmen bereits umgesetzt

wurden oder geplant waren. Diesem Er-

gebnis standen teilweise nichtstrategische

Vorgehensweisen dieser beiden Gruppen

sowie fehlendes fachliches Wissen

gegenüber.

Quo vadis Medicina?

Was erwarten sich PatientInnen von AnbieterInnen?

Zum Stand des österreichischen Healthcare-Marketings

Was wollen PatientInnen?

Für PhysiotherapeutInnen besonders inte-

ressant sind die Einschätzungen der Patien-

tInnen. Diese wurden unter anderem zu den

Aspekten des sogenannten Marketing-Mix

»7 Ps«, einem Bündel an Maßnahmen und

Strategien, um den Absatz seines Produktes

(hier: Gesundheit) zu fördern, befragt.

Dieses Bündel geht aber weit über den

Produkt-Aspekt hinaus und umfasst auch

Punkte wie Praxisstandort, Preise, Kom-

munikation des Nutzens der Behandlung

oder Faktoren wie die Freundlichkeit der An-

bieterInnen selbst, das Personal, die Praxis-

Räumlichkeiten oder Prozessabläufe vor Ort.

Wie erwartet, war den PatientInnen der

Aspekt des Produktes »sehr wichtig«.

Spannenderweise waren aber die Aspekte,

die sich um die Person des/der Anbietenden

und um den Prozess drehen, noch wichtiger.

Die Art und Weise, wie PhysiotherapeutInnen

mit PatientInnen umgehen, und die Abläufe

vor Ort (archetypisch seien hier z. B. die

Terminvereinbarung oder Wartezeiten ge-

nannt) – Aspekte, welche oft flapsig als »das

Rundherum« bezeichnet werden – sind zen-

tral. Auch der Preis erwies sich als wichtiger

Punkt – er stellt wohl vor allem für Selbst-

zahlerInnen einen ausschlaggebenden

Faktor dar. Die Einrichtung beziehungsweise

das Ambiente sowie die Bewerbung des

Angebots (Bewertungen, Informationen über

das Angebot, etc.) wurden als »eher wichtig«

eingestuft. Nur der Standort der Praxis

wurde als »eher unwichtig« bewertet.

An dieser Stelle sei aber gesagt, dass Teil-

aspekte aus diesem Bereich (z. B. öffentliche

Erreichbarkeit und Parkplätze) durchaus als

wesentlich betrachtet wurden.

Themenschwerpunkt

Physiotherapie gut vermarktet

»IN KAUM EINER BRANCHE SIND DIE

VORBEHALTE GEGENÜBER MARKETING

SO GROSS WIE IM GESUNDHEITSWESEN. [...]

MARKETING WIRD NOCH STÄRKER ALS IN

VIELEN ANDEREN BRANCHEN MIT UNNÜTZER

WERBUNG, MIT VERFÜHRUNG ODER GAR

MIT BETRUG GLEICHGESETZT, AUF JEDEN

FALL ABER MIT VERSCHWENDUNG.«