inform Nr.1 Jänner 2014 - page 7

physio
austria
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Februar 2014
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GRUNDLEGENDES
Elisabeth Eckerstorfer, MA; Mag. Iris Frenner, MSc
Alle Anwendungen der Physikalischen
Therapie sind so genannte Reiztherapien.
Unterschiedliche Reize (mechanischen,
thermischen, elektrischen oder chemischen
Ursprungs) werden an PatientInnen gesetzt,
um eine Reaktion des Körpers hervorzuru-
fen. Nach Gutenbrunner (2007) ist ein Reiz
»… jeder Eingriff in das innere Gleichge-
wicht, jede äußere oder innere Einwirkung,
die dieses System verändert«. Die Reaktion
ist »… die Antwort eines Lebewesens auf
einen inneren oder äußeren Störimpuls
(Reiz). Diese Reaktion wird physiologischer
Weise bei Überschreitung einer Mindest-
schwelle ausgelöst, wobei das Reaktions-
ausmaß abstufbar ist und von der Zahl der
erregten Rezeptoren und der sonstigen
Intensität des Reizes abhängt …«. Durch
diese Aktion-Reaktion sollen Selbstheilungs-
kräfte (damit gemeint ist die natürliche
Fähigkeit des Organismus zur Erholung oder
Heilung) angeregt werden (Gutenbrunner,
Glaesner 2007).
Die Wurzeln der Physikalischen Therapie
und somit auch der Physiotherapie sind ver-
mutlich so alt wie die Menschheit selbst.
So wurden unsere Hände als einfachstes
Werkzeug schon in Urzeiten eingesetzt, um
einfache Massagegriffe oder Einreibungen
an schmerzenden Körperstellen durchzufüh-
ren. Erste balneotherapeutische Ansätze
wurden geschichtlich im indischen Raum
belegt und in Europa wurden Bäderanwen-
dungen zu Heilzwecken als erstes von den
Griechen praktiziert, die ihr Wissen ins römi-
sche Imperium brachten. Hier wurden unter
anderem auch Gymnastik, Wandern und
Reiten sowie Licht- und Luftbäder zu medizi-
nischen Heilzwecken angewendet. Der Be-
ginn der Elektrotherapie geht ins römische
Reich zurück, wo bereits 500 nach Christus
über die Behandlung von Kopfschmerzen
und Gicht mit den elektrischen Impulsen
des Zitterrochens berichtet wird.
Durch das Vorantreiben der Forschung im
naturwissenschaftlichen und technischen
Bereich erlebten die Medizin und die Physi-
kalische Therapie Anfang des 19. Jahrhun-
derts einen sehr großen Aufschwung. Vor
dem ersten Weltkrieg wurde die Elektro-
therapie ebenso weiter entwickelt, wie
die Behandlung mit Massage und gymnasti-
schen Übungen. Durch die hohe Anzahl von
Verwundeten in und nach den Weltkriegen
gewann die Physikalische Therapie weiter
an Bedeutung. Allerdings wurde uns Physio-
therapeutInnen zum damaligen Zeitpunkt
als »ärztliche Hilfskräfte« nicht viel mehr
zugestanden als die reine Anwendung der
Maßnahmen. Bis zur Etablierung des »Phy-
siotherapeutischen Prozesses« als struk-
turierter Untersuchungs- und Behandlungs-
prozess dauerte es noch einige Jahrzehnte.
Physiotherapie ist Arbeit mit Bewegung.
Sie umfasst physiotherapeutische Verfahren
der Bewegungstherapie in einem sehr brei-
ten Spektrum. Der Fokus der Physiotherapie
liegt auf der Entwicklung und den Funktions-
weisen des Bewegungssystems sowie auf
dem Wechselspiel von Sensorik und Motorik.
Die Maßnahmen der physikalischen Therapie
als begleitende Maßnahmen der Therapie
wie auch der physiotherapeutischen Diag-
nostik sind integraler Bestandteil des Berufs-
bildes und reichen von wissenschaftlich eher
abgesicherten Einsatzbereichen der Physika-
lischen Therapie (Biofeedback Therapie,
funktionelle Elektrostimulation oder Trans-
kutane elektrische Nervenstimulation) bis
hin zu komplementärtherapeutischen Be-
handlungsformen auf physikalischer Basis
(Hot Stones, Ölbäder, …) mit (noch) sehr
geringer oder keiner wissenschaftlichen
Evidenz.
Elisabeth Eckerstorfer, MA
ist Physiotherapeutin, leitet
den Standort des Bachelorstu-
dienganges Physiotherapie der
FH Gesundheitsberufe OÖ am
Campus LHK Steyr und ist
Mitglied des Präsidiums von
Physio Austria.
Mag. Iris Frenner, MSc
ist Physiotherapeutin und
leitet den Standort des
Bachelorstudienganges
Physiotherapie der FH
Gesundheitsberufe OÖ
am Campus AKH Linz.
Physikalische Therapie
ein Anwendungsfeld der Physiotherapie
© Gespag
Der Begriff Physikalische Therapie setzt sich aus zwei Wörtern zusammen, »Physik«
(lat. physica) und »Therapie« (griech. therapeia). »Physik« betrifft das Körperliche,
die Naturwissenschaft, die sich mit den Naturgesetzten beschäftigt. »Therapie«
erklärt sich mit den Begriffen Dienen, Pflegen, Behandeln, Heilen. Die Physikalische
Therapie ist somit »die Behandlung von Krankheiten mit Heilmitteln, die auf
physikalisch bedingten, äußeren Naturgesetzten beruhen«. (Hüter-Becker, 2007).
Unter die Physikalische Therapie fallen: Massage, Reflexzonentherapie, Thermo-
therapie, Hydrotherapie, Elektrotherapie und Balneotherapie.
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