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physio

austria

inform

September 2016

Themenschwerpunkt

Physiotherapie gut vermarktet

© AntonioDiaz – Fotolia.com

Man kann nicht nicht gestalten.

Die Berührungspunkte zwischen meinen AuftraggeberIn-

nen und mir sind immer von unterschiedlichem Wissen

geprägt, erst im Austausch bereichern wir das Projekt,

erst im Gespräch entsteht das kreative Potenzial. So

kann es nie zu einem falschen Ergebnis, zu einer verkehr-

ten Lösung kommen. Denn grafische Gestaltung ist, man

wird es kaum glauben, eben genau nicht eine Frage des

Geschmacks. Grafik macht nichts hübscher, Design

dekoriert nicht! Jedes Element, das auf ein Blatt gesetzt

wird, jede Linie, jedes Bild oder Icon auf einer Doppel-

seite übernimmt eine kommunikative Aufgabe.

Jede Zeile Schrift vermittelt nicht nur ihren inhaltlichen

Bedeutungsgehalt, sondern ist durch Platzierung,

Balance und Form auch Trägerin von Atmosphäre.

Es gibt über 80.000 unterschiedliche Schriftarten, die –

solange sie nicht experimentelle Fonts, sondern Lese-

druckschriften darstellen – eine Stimmung erzeugen,

die auf die LeserInnen individuelle Wirkung haben.

All die grafischen Vokabeln übertragen sich im Moment

der Wahrnehmung. Dem berühmten ersten Eindruck

kann sich niemand entziehen. Auch wenn man hofft, eine

simple Word-Seite hätte auf der Ebene der Gestaltung

rein gar nichts zu bieten, ja sogar, wenn absichtlich nicht

gestaltet werden soll, ist ein kommunikativer Effekt un-

vermeidbar. Somit kann hier schon ein erstes Kriterium

für Gestaltung abgeleitet werden: Gute Grafik ist die-

jenige, die ankommt. Die, die funktioniert. Wird sie nicht

verstanden, ist sie fehl am Platz.

Das größte Missverständnis in kreativen Entwicklungen

bezieht sich daher immer auf das »Gefallen«. Denn weder

der Geschmack der AuftraggeberInnen noch der »Stil«

der Gestaltenden sind gefragt. Gutes grafisches Hand-

werk geht immer auf die EmpfängerInnen ein; Kommuni-

kationsgestaltung arbeitet mit psycho-soziologischem

Verständnis, mit Wahrnehmungs- und Aufnahmetheorien,

gepaart mit einem technischen Vorwissen sowie einem

betriebswirtschaftlichen Gespür. Hingegen: Teures

Design, das sich nicht umsetzen lässt, das schwer lesbar

ist und sich nur aufdringlich nach vorne drängt, erfüllt

nicht seinen Zweck – und kostet den AuftraggeberInnen

viel Geld.

Allerdings. Zwei Einwände.

Erstens: Natürlich darf das neue Design gefallen, Funk-

tion und Geschmack schließen sich ja nicht prinzipiell

aus. Und zweitens: Wie kann man sich mit seinem

Erscheinungsbild von anderen unterscheiden, wenn es

»nur« funktionieren soll? Gilt dieser Anspruch dann nicht

für alle gleich? Wie kann ich PatientInnen/KundInnen

erreichen, wenn ich mich von meinen MitbewerberInnen

kaum abhebe? Durch authentische Interpretation. Nur

wenn eine Identifizierung des angebotenen Leistungs-

umfangs mit einem klaren Profil gelingt, wird man auch

als einzigartig wahrgenommen. Ähnlichkeiten sind dabei

nicht störend, sondern helfen vielmehr, eine visuelle

Klammer zu erkennen, transparente Vergleiche durchzu-

führen und anhand dieses Überblicks Entscheidungen zu

treffen. Im besten Fall werden (anhand von normativen

Signalen) Werte transportiert: kulturelle und emotionale

Informationen, die jede Person individuell präsentiert –

wie im »wirklichen« Leben auch.

Nur wenn es sich dabei um echte Inhalte handelt,

können Vertrauen und eine Bindung zu KundInnen/

PatientInnen entstehen. Alles andere ist leere Werbehülle

und wird rasch brüchig. Visuelle Gestaltung ist kein

Make-up, sondern eine Haltung.

Das Gegenteil von Werbung

Der öffentliche, visuelle Auftritt einer Praxis, eines selbst-

ständigen Klein- und Mittelunternehmens ist also nicht

das letzte Rettungsmittel, um von einem befürchteten

Misserfolg abzulenken. Die grafische Ausstattung ruft,

schreit oder läutet nicht. Eine stringente Unternehmens-

darstellung vereinfacht und ordnet den Handlungs-

spielraum nach außen, erspart Zeit, Nerven und schließ-

lich auch Kosten. Zu allem Überdruss eröffnet sich –

quasi als Nebeneffekt – Raum für Konzentration und

Inspiration auf das, was Sie ja eigentlich machen wollen:

Physiotherapie.

Möchten Sie noch etwas genauer nachfragen?

design@dechant.at www.dechant.at

VISUELLER AUFTRITT

Susanne Dechant, BA