Das motorische Lernen wird durch eine Vielzahl an
Variablen beeinflusst: Neben der Aufgabenorientie-
rung und der Übungsdauer (z.B. die Anzahl der
Wiederholungen) spielen Instruktionen, Rückmel-
dungen und Demonstrationen eine wesentliche
Rolle. Letztere Faktoren werden unter dem Aspekt
der Information, welche den Lernenden vermittelt
wird, genannt. Bestimmte Instruktionen bezüglich
des Aufmerksamkeitsfokus können einen direkten
Effekt auf die motorische Leistung und den Lern-
prozess haben (Mehrholz, 2011).
Das Richten der gedanklichen Aufmerksamkeit auf
den eigenen Körper bzw. auf Körperbewegungen
während eines Lernprozesses – als interner Auf-
merksamkeitsfokus bezeichnet – hat sich als relativ
ineffektiv erwiesen. Wenn die Aufmerksamkeit
jedoch auf den Bewegungseffekt bzw. auf das Ziel
gerichtet wird, was als externer Aufmerksamkeits-
fokus bezeichnet wird, so ist dies generell effekti-
ver für die motorische Bewegungsausführung und
Lernergebnisse (Wulf, 2009). Die Vorteile eines
externen Aufmerksamkeitsfokus konnten mittler-
weile durch eine Vielzahl an Studien sowohl bei
gesunden Personen als auch in der Behandlung
von PatientInnen belegt werden. Beispielsweise
kam es bei SchlaganfallpatientInnen durch eine
externe Fokusbedingung zu einer sofortigen Ver-
besserung der lateralen Gewichtsverlagerung im
Sitzen (Mückel & Mehrholz, 2014).
Um die Situation in Österreich einschätzen zu
können und die Einstellung von PhysiotherapeutIn-
nen zu diesem Thema ermitteln zu können, wurde
eine Online-Befragung durchgeführt. Dadurch
wurde die Anwendungshäufigkeit von verbalen
Instruktionen anhand von praktischen Beispielen
durch Einschätzung der Art und der Häufigkeit des
Aufmerksamkeitsfokus indirekt ermittelt. Darüber
hinaus wurde die Häufigkeit der Anwendung ver-
schiedener Lernstrategien (Wiederholungszahl,
Instruktionen, Bewegungsbeobachtung, Korrektur
von Fehlern, manuelle Führung, Mitbestimmung
von Übungsinhalten und Pausen, Feedback)
erhoben.
Methodik
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde
eine prospektive Querschnitts-Online-Befragung
unter den Mitgliedern von Physio Austria durchge-
führt. PhysiotherapeutInnen, die zum Zeitpunkt der
Umfrage in Österreich klinisch tätig waren und ihre
PatientInnen bei der Durchführung von Übungen
bzw. Aufgaben verbal instruieren, wurden in die
Studie eingeschlossen. Zur Entwicklung des Frage-
bogens wurden als erstes Expertinnen-Interviews
durchgeführt, anschließend wurde der Frage-
bogenentwurf einer Pilottestung durch eine
heterogene Zielgruppe unterzogen. Der fertige
Fragebogen wurde im Online Umfragetool Survey-
Monkey erstellt und anschließend per E-Mail an
4.090 Mitglieder ausgesandt – unter Anwendung
der Dillman-Methode, um die Teilnahme und die
Rücklaufquote zu verbessern (Dillman, 2007).
Die Ergebnisse einer Umfrage zeigen, dass
ein überwiegender Prozentsatz an öster-
reichischen PhysiotherapeutInnen einen
sogenannten externen Aufmerksamkeitsfokus
bei der verbalen Anweisung von Bewegungs-
aufgaben verwenden.
MOTORISCHES LERNEN
Ilse Igelsböck, MSc
physio
austria
inform
Juni 2016
13
Die gesamte Studie wurde im Rahmen des
Masterstudiums »Neurorehabilitationsforschung«
als Abschlussarbeit durchgeführt (Betreuung:
Gudrun Diermayr, PhD). Auszüge aus den Ergebnis-
sen der Masterarbeit wurden beim »3rd European
Congress of Neurorehabilitation« im Dezember
2015 in Wien präsentiert.
»Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen
Kolleginnen und Kollegen bedanken, die sich die
Zeit genommen haben, um an dieser Befragung
teilzunehmen.« Ilse Igelsböck