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physio

austria

inform

April 2015

Themenschwerpunkt

Physiotherapie und Stoffwechselerkrankungen

Der Gelenkknorpel stellt hyalines Knorpelgewebe

dar, das die knöchernen Anteile eines Gelenkes

überzieht und so den reibungsarmen Ablauf sämt-

licher artikulärer Bewegungen ermöglicht. Hyalines

Knorpelgewebe setzt sich aus Chondrozyten und

extrazellulärer Matrix zusammen (Abb. 1). Die

extrazelluläre Matrix, bestehend aus Wasser und

Makromolekülen wie Kollagenen (60%), Proteogly-

kanen (20-25%) sowie nicht-kollagenen Proteinen

und Glykoproteinen (15-25%), ist für die biomecha-

nischen Eigenschaften des Knorpelgewebes ver-

antwortlich.

ABB. 1

Aufgaben des Knorpelgewebes

Das komplexe Zusammenspiel der Makromoleküle

in der extrazellulären Matrix, sowie das Zusam-

menspiel der extrazellulären Matrix mit den Chon-

drozyten ermöglichen dem Knorpelgewebe seine

komplexen Aufgaben zu erfüllen. Diese Aufgaben

beinhalten sowohl einen praktisch reibungsfreien

Ablauf von Bewegungen als auch die Absorption

von Kompressionskräften durch eine hohe Druck-

elastizität.

Die Eigenschaft hohe Druckelastizität aufzuweisen

ergibt sich aus dem Aufbau der extrazellulären

Matrix und wird hauptsächlich durch die Fähigkeit

der Proteoglykane, Wasser aufzunehmen, be-

stimmt. Kollagene Fasern, vor allem Kollagen Typ

II, bilden ein stabiles Netzwerk, in dem die Proteo-

glykane eingebettet sind. Je mehr Proteoglykane

vorhanden sind, desto mehr Wasser kann gebun-

den werden und die Druckelastizität steigt. Dies

ist vor allem physiotherapeutisch relevant, denn

durch Belastung und Bewegung werden die Chon-

drozyten zur Synthese der Bestandteile der extra-

zellulären Matrix stimuliert. Somit sind Belastungs-

und Bewegungsreize für die Aufrechterhaltung

normalen Knorpelgewebes und seiner biomecha-

nischen Eigenschaften verantwortlich.

Fehlt hingegen Gelenkbelastung und besteht

lange Immobilisierung, führt dies zu einer Ab-

nahme der Proteoglykankonzentration im Knorpel-

gewebe, wodurch es zu einer Veränderung der

biomechanischen Eigenschaften des Knorpels

kommt. Das Gewebe verliert an Festigkeit und

an Dicke und die Belastbarkeit sinkt. Allerdings

führen Dauerkompression und repetitive Stoß-

belastungen des Gewebes in Folge zum Zelltod.

Durch intermittierende Kompression wird die

Syntheseaktivität der Zellen gefördert und die

Produktion der Matrixbestandteile (vor allem

Proteoglykane) angeregt. Auch Bewegungen mit

hoher Frequenz in unbelasteten Positionen stei-

gern die Proteoglykansynthese, während statische

Belastung und Bewegungen mit kleinerer Frequenz

die Proteoglykansynthese reduzieren.

Auf den Knorpel gebracht

Über die Besonderheit von Knorpelgewebe

und dessen Stoffwechselprodukte

Gelenkknorpel ist ein außergewöhnliches Gewebe. Auf der einen Seite ist

Gelenkknorpelgewebe in der Lage, im Laufe der gesamten Lebensspanne

seine Aufgabe, wiederholte physikalische Belastungen in Form von Belas-

tungskräften zu tolerieren, zu erfüllen. Diese Belastungskräfte betragen

oft ein Vielfaches des Körpereigengewichts. Auf der anderen Seite ist das

Gelenkknorpelgewebe nicht in der Lage, Defekte der Gelenksoberfläche

zu reparieren. Wie kommt es dazu?

© Klaus Reitmeier - Fotolia.com

LITERATUR

Martinek, V. (2003).

Anatomie und Patho-

physiologie des

hyalinen Knorpels;

Deutsche Zeitschrift

für Sportmedizin,

Jahrgang 54 (Nr. 6),

166-170.

Lu, X.L. (2008).

Biomechanics of

articular cartilage

and determination of

material properties.

Medicine & Science

in Sports & Exercise,

Vol: 40(2),193 – 199.